D: Susanne Lothar, Christian Friedel, Burghart Klaußner, Ulrich Tukur, Josef Bierbichler, Branko Samarovski, Birgit Minichmayr u.a.
Deutschland, kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs: In einem protestantischen Dorf im Norden herrscht das übliche spätfeudalistische Gefüge von Autoritäten, Abhängigkeiten und einem subtilen Strafsystem, das vom Baron über den Bauern hin zum polnischen Leiharbeiter alle Beziehungen durchdringt und vor allem die Kinder prägt. Während der Dorflehrer in seiner warmherzigen Art einen zaghaften Gegenpol setzt, bestraft vor allem der Pastor häufig, gern und ohne Nachsicht: Auch für geringe Vergehen läßt er seine Kinder wochenlang ein weißes Band zur Erinnerung an die Tugend tragen und seine häuslichen Predigten sind ebenso gefürchtet wie seine Hiebe. Der so geordnete Alltag zwischen Arbeit, Gebet und Schule gerät in Unruhe, als sich mysteriöse Unfälle häufen, schließlich zu einer Reihe von Verbrechen werden, und deren Täter im Dunkeln bleiben. Michael Hanekes (Die Klavierspielerin, Caché,...) neuestes Werk durchdringt mit hoher historischer Genauigkeit ein geschlossenes autoritäres System. Der Film mit dem mehrdeutigen Untertitel »Eine deutsche Kindergeschichte« untersucht die offensichtlichen und unterschwelligen Machtstrukturen in Familien und Dorfgesellschaft und deren Verinnerlichung durch die Kinder. Er porträtiert so eine Generation, die dem Faschismus entgegentreibt. Ganz allmählich wird hier ein Mikrokosmos aus Demütigung, Drohung, Denunziation enthüllt, wird die Wurzel von Machtmißbrauch und Gewalt bloßgelegt. In Cannes wurde Hanekes beunruhigend faszinierender Film mit der Goldenen Palme ausgezeichnet.